Weltwirtschaft

Für 2016 erwarten die Konjunkturexperten eine positive Fortsetzung der wirtschaftlichen Dynamik auf einem leicht erhöhten Niveau: So geht das Institut für Weltwirtschaft IfW in seiner Prognose zum Jahreswechsel davon aus, dass die Weltwirtschaft 2016 um 3,4 % wachsen wird und damit um 0,3 Prozentpunkte stärker als 2015.

Dabei wird sich der Aufschwung in den entwickelten Volkswirtschaften tendenziell fortsetzen: Eine insgesamt weiterhin expansiv ausgerichtete Geldpolitik, allmählich anziehende Löhne und ein niedriger Ölpreis unterstützen die fortschreitenden Entschuldungsprozesse im privaten Sektor und begünstigen die Wirtschaftsaktivität. Die Expansion in den Schwellenländern wird zunächst weiter durch niedrige Rohstoffpreise und strukturelle Probleme gedämpft, wobei erwartet wird, dass sich die Konjunktur in dieser Ländergruppe allmählich beleben wird.

Die konjunkturellen Risiken der vergangenen Jahre bleiben bestehen: Politisch schwer absehbar ist vor allem die Entwicklung der Konfliktherde im Nahen und Mittleren Osten. Die Ausweitung von Krisengebieten oder eine verstärkte Terroraktivität könnten die Märkte verunsichern und die erwartete weltwirtschaftliche Entwicklung abschwächen. Zudem lassen sich auch geldpolitisch induzierte Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht ausschließen: So könnten Zinsanhebungen in den USA verstärkt negativ auf die globale Wirtschaft wirken, zumal sich zahlreiche Länder noch in einem Restrukturierungsprozess befinden. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, dass sich die Entwicklung des Ölpreises sowie das Wirtschaftswachstum Chinas auf die Märkte auswirken werden.

Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
in %2015
(Prognose aus dem Vorjahr)
2015
(vorläufige Berechnung)
2016
(prognostiziert)
Wirtschaftsräume
Weltwirtschaft3,73,13,4
Euroraum1,21,51,7
Ausgewählte Länder
USA3,22,52,8
China7,06,86,5
Indien6,57,27,2
Japan0,80,71,0
Deutschland1,71,82,2

USA

In den USA dürfte die Produktion 2016 voraussichtlich um 2,8 % wachsen. Angesichts verbesserter Absatzaussichten im In- und Ausland werden dabei vor allem die Unternehmensinvestitionen wieder steigen. Auch die Konsumausgaben bleiben deutlich aufwärtsgerichtet. Mit der weiteren Verbesserung am Arbeitsmarkt wird auch die Lohndynamik nach und nach zunehmen.

Europa

Die Wirtschaft im Euroraum gewinnt allmählich an Fahrt. Die moderate konjunkturelle Erholung des Winterhalbjahrs wird sich aller Voraussicht nach im Gesamtjahr 2016 fortsetzen. Dabei werden sich die strukturellen Probleme in Teilen des Währungsgebiets hartnäckig halten. Das erwartete Wachstum liegt bei 1,7 % und damit leicht über dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisanstieg wird im Euroraum mit 1,0 % weiterhin sehr niedrig bleiben, allerdings mit steigender Tendenz. Sinkende Tendenz zeigt die Arbeitslosenquote: Sie wird weiter leicht auf 10,4 % zurückgehen. Großbritannien wird mit 2,3 % knapp das Wachstum des Vorjahrs erreichen.

Deutschland

Nachdem sich der Zuwachs der gesamtwirtschaftlichen Produktion zuletzt etwas abgeschwächt hat, zeichnet sich für 2016 ein merklich erhöhtes Expansionstempo ab. Besonders im Dienstleistungssektor sind die Wachstumserwartungen so hoch wie seit dem Wiedervereinigungsboom nicht mehr. Für das Jahr 2016 erwarten die Experten des IfW ein Wachstumsplus von 2,2 % mit leicht steigender Tendenz. Hauptträger des Wachstums bleibt der private Konsum, dessen Zuwächse sich aus kräftigen Einkommensanstiegen der privaten Haushalte nähren. Die Unternehmensinvestitionen werden in einem extrem günstigen Finanzierungsumfeld weiter expandieren. Mit der Abwertung des Euro hat sich die Wettbewerbsfähigkeit der Exporteure verbessert: Dies kann die Zuwachsraten bei den Ausfuhren erhöhen und im Zuge eines steigenden Expansionstempos die Anlageinvestitionen anregen. Ein neu hinzugetretener Konjunkturfaktor ist die hohe Flüchtlingsmigration: Sie wird die Ausgaben zusätzlich anschieben. Die zuletzt dämpfenden Einflüsse aus dem Ausland werden abklingen und zunehmend konjunkturstützend wirken: So zeichnet sich für die wichtigen Abnehmerländer Deutschlands eine höhere konjunkturelle Dynamik ab.

Die Beschäftigungsentwicklung bleibt nach Einschätzung des IfW aufwärtsgerichtet und wird von spürbaren Lohnzuwächsen begleitet. Bedingt durch die hohe Flüchtlingsmigration wird der Abbau der Arbeitslosigkeit allerdings zum Stillstand kommen. Die Arbeitslosenquote wird bei 6,3 % verharren.

China, Indien, Japan

Die Entwicklung in den Schwellenländern bleibt vorerst weiter durch niedrige Rohstoffpreise und strukturelle Probleme gedämpft, wenngleich sich auch dort die Konjunktur allmählich stabilisieren dürfte. Insgesamt wird der weltweite Wachstumsbeitrag dieser Länder hinter den hohen Werten der vergangenen Jahre zurückbleiben. In vielen Schwellenländern bleibt der finanzpolitische Spielraum weiter sehr gering, denn die geldpolitischen Maßnahmen sind dort vorrangig auf die Währungsstabilisierung ausgerichtet und weniger auf die Anregung der Konjunktur. In China hat die Regierung im vergangenen Jahr zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Nachfrage zu stützen. Für den gewünschten Strukturwandel hin zu einer finanziell und ökologisch nachhaltigeren sowie mehr auf den privaten Konsum ausgerichteten Wirtschaft werden diese Schritte nach Einschätzung der Konjunkturexperten allerdings nicht ausreichen. Sie dürften aber dazu führen, dass das Expansionstempo im Prognosezeitraum nur leicht zurückgeht. Für China wird 2016 ein Wachstum von 6,5 % erwartet, mit leicht nachlassender Tendenz.

Kapitalmärkte

Mit der Entscheidung der Europäischen Zentralbank, an ihrer Niedrigzinspolitik festzuhalten und in einem zeitlich erweiterten Rahmen Anleihen anzukaufen, soll die Eurozone vor einer drohenden Deflation bewahrt werden. Die US-Notenbank Fed hingegen rückte von der expansiven Zinspolitik ab und leitete zum Ende des Berichtszeitraums erstmals nach fast einem Jahrzehnt wieder einen Zinserhöhungszyklus ein. Dies sollte sich auch in einem weiterhin starken US-Dollar widerspiegeln. Besonderes Augenmerk wird 2016 auf den weiteren Maßnahmen und der Kommunikation der Fed liegen. Dabei muss die US-Notenbank die Gratwanderung bewerkstelligen, zwischen der eventuellen Notwendigkeit weiterer Zinsschritte und der Gefahr, durch eben diese anderen Märkte die Geldströme zu beeinträchtigen sowie die US-Konjunktur zu schwächen.

Die internationalen Rentenmärkte werden auch 2016 von unterdurchschnittlichen und weiter divergierenden Zinsniveaus geprägt sein. In den für uns relevanten Währungsräumen erwarten wir flachere Renditekurven. Bei Staatsanleihen der im Fokus stehenden Staaten der Europäischen Währungsunion mit höheren Risikoaufschlägen sollte sich die Stabilisierung fortsetzen. Allgemein wird nicht davon ausgegangen, dass sich die seit Sommer 2015 erhöhten Volatilitäten am Kapitalmarkt abbauen werden. Dafür sollten die Effekte der Währungs- und Ölpreisentwicklung umso stärker sein, wobei derzeit mehr Risiken als Chancen für die Weltwirtschaft, auch im Hinblick auf die Geopolitik, angenommen werden. Die Konsolidierung der Staatshaushalte in den Industrieländern sowie der fortgeschrittene Kreditzyklus in den Vereinigten Staaten werden das konjunkturelle Umfeld weiter beschäftigen, jedoch möglicherweise durch anziehenden Privatkonsum überkompensiert werden. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten wird einer breiten Diversifizierung innerhalb der Kapitalanlagen auch 2016 weiterhin eine große Bedeutung zukommen.

Versicherungsbranche

Nach allgemeinen Brancheneinschätzungen wird sich die internationale Versicherungswirtschaft 2016 in einem mit dem Vorjahr vergleichbaren Umfeld bewegen. Zwei zentrale Themen bleiben die Niedrigzinspolitik und die Auswirkungen der Einführung von Solvency II in viele bedeutende Märkte weltweit zu Beginn des Jahres. Sie tragen dazu bei, dass die Versicherungswirtschaft ihre Aufmerksamkeit weiterhin mit Nachdruck auf die Felder Effizienz, Profitabilitätssicherung und Produkt- bzw. Leistungsinnovation richtet. Unabhängig von den Herausforderungen sollte sie auch im Verlauf des Jahres 2016 auf einem stabilen Kurs bleiben.

Neben Europa (Solvency II) und China (C-ROSS) wird auch Südafrika ein risikobasiertes Solvenzsystem (Solvency Assessment and Management) im Laufe des Jahres, spätestens zu Beginn 2017, einführen.

Bereits 2015 war der (Rück-)Versicherungsmarkt von diversen Fusionen und Übernahmen geprägt. Dieser Trend wird 2016 anhalten und voraussichtlich sogar steigen, da der verschärfte Wettbewerb es vor allem den kleineren (Rück-)Versicherern erschwert, die angestrebten Margen zu erzielen. Zudem ist zu beobachten, dass sich die Erstversicherer bzw. Vertragspartner tendenziell an ertragsstarke Rückversicherer mit überdurchschnittlichem Rating wenden, die auf starke Bilanzen und einen positiven Cashflow zurückgreifen können. In Verbindung damit steigt die Nachfrage nach Partnern mit einem diversifizierten Angebot.

Auch 2016 dürfte sich das Generieren von Wachstum in einem weiterhin sehr wettbewerbsintensiven Umfeld als echte Herausforderung darstellen. Zudem gehen Branchenexperten von stabilen bis leicht sinkenden Prämien aus. Bleiben auch 2016 große Schäden aus Naturkatastrophen aus oder weisen Rückversicherungsunternehmen aus Aktionärssicht hinreichende Eigenkapitalrenditen aus, ist mit einer Fortsetzung der Weichmarktphase zu rechnen.

 

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